2 ︎︎︎ Einmal vergessen. Wie das war. Und wie wir jetzt so sind.

Auszug aus STILL LEBEN, einem Monolog
von Elisabeth Pape


Wir kaufen Arabica Kaffee bei Friedl. Ist das unser neues Fundament? Du machst uns Kaffee in der Espressomaschine, die deine Eltern finanziert haben, weil, die haben ja hier alles finanziert. Und wir trinken unseren Kaffee mit aufgeschäumter Hafermilch in unterschiedlichen Zimmern, weil wir arbeiten müssen. Wir beide sitzen vor unseren Bildschirmen und du schaust dir Lenni Jensen an, wie er den Cutback macht und ich schau mir Rezepte an mit Kichererbsenmehl und Flohsamenschalen und immer wieder Protein. Alles ist Protein. Und ich messe meine Umfänge. Ich notiere mir Zahlen. Aha. Irgendwelche Zahlen. Ich begebe mich auf die Suche und finde in einer Schachtel nur Luft. Luft, die ich eingefangen habe, als ich betrunken vom Rotwein so melancholisch war (OH). Und Tiere, die betrinken sich auch. Und ich schaue aus dem Fenster. Stille. Die weniger still ist. Kein Witz. Die einzelnen Bäume; sie kennen nichts anderes. Die Nachbarin mit ihrem BLB Brick Lane Bike streitet mit ihrem Freund über irgendwas, und ich möchte es auch gar nicht verstehen. Wir spazieren zur Bekarei und kaufen uns zwei Schnecken. Witz. Rosinenschnecken. Wir vergraben sie zu Hause in einem Blumentopf und warten darauf, dass irgendetwas passiert. Wir sehen ein Eichhörnchen am S-Bahngleis hängen. Es hängt da. Du verliebst dich schnell in irgendwen. Aber dann ist es auch schon längst wieder vorbei. Ich verliebe mich auch schnell in irgendwen und dann ist es auch schon längst wieder vorbei. Alles ist auch schon längst wieder vorbei. Dann liegen wir abends nebeneinander im Bett. Fast still. Aber nicht ganz, weil, ich lese Christian Kracht und du Leif Randt. Morgens schauen wir auf die zugezogenen Rollos und hören dann unserem Über-Ich zu. Und dann wieder rausschauen. Auf den Bürgersteig. Eine Taube liegt da tot rum. Vielleicht angefahren vom TIER. Dann kommt ein Hund und schnüffelt daran. Ein Dalmatiner, wie süß.

Ich möchte einen Witz machen. Einmal vergessen. Wie das war. Und wie wir jetzt so sind. Aber du knetest so an deinem Stressball rum.
KOMM WIR GEHEN JETZT RAUS. Und dann gehen wir raus. Und wir sehen irgendwas.



Johann Heinrich Roos, Stillleben mit totem Geflügel, Städel Museum
© HEN Magonza